Globale Armutsstrukturen im Wandel

Globale Armutsstrukturen im Wandel

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Loewe, Markus / Nicole Rippin
Analysen und Stellungnahmen 7/2012

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

Engl. Ausg. u.d.T.:

 

Changing global patterns of poverty

 

(Briefing Paper 3/2012)

Die globale Armut sieht heute nicht mehr so aus wie vor 20 Jahren. In vielen Entwicklungsländern ist das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in den letzten zwei Jahrzehnten gestiegen; 18 überschritten dadurch sogar die viel beachtete – wenn auch willkürlich gesetzte – Grenze zwischen Ländern mit niedrigem Einkommen (low income countries – LICs) und Ländern mit mittlerem Einkommen (middle income countries – MICs).
Das sorgte für Aufsehen, insbesondere da sich unter den „Aufsteigern“ die bevölkerungsreichsten Länder der Welt befinden, so dass plötzlich 72 % der extrem Einkommensarmen weltweit (gemessen an der Armutsgrenze von 1,25 US$ in Kaufkraftparitäten [KKP] pro Tag) in MICs leben. Die Geber fragen sich zunehmend, ob Entwicklungszusammenarbeit (EZ) zukünftig auf die übrig gebliebenen
LICs fokussieren oder lieber neue Strategien entwickeln sollte, um MICs bei der Armutsbekämpfung zu unterstützen.
Unabhängig davon wie die zukünftige EZ mit MICs aussieht, muss Armutsbekämpfung eine zentrale Rolle spielen. Denn trotz weltweit steigender Pro-Kopf-Einkommen ist es verfrüht, das Ende globaler Armut zu feiern

  • Die Tatsache, dass sich einige LICs zu MICs entwickelt haben, bedeutet nicht, dass sie die Armut besiegt haben. In ihnen leben noch immer mehr als die Hälfte aller extrem einkommensarmen Menschen. Das Überschreiten einer willkürlich gesetzten Pro-Kopf-Einkommensschwelle ist kein Indiz für einen Strukturwandel.

  • Der Anstieg der Pro-Kopf-Einkommen führte nur auf aggregierter Ebene zu einem Armutsrückgang. Auf regional disaggregierter Ebene hingegen bestehen weiterhin große Unterschiede. So haben Ost- und Südostasien beim Kampf gegen Einkommensarmut vergleichsweise viel erreicht, während Lateinamerika, Zentralasien und der Nahe Osten deutlich weniger erfolgreich waren. In Subsahara-Afrika lebten 2008 sogar mehr Menschen in extremer Armut als noch 1990. Ebenso sank die Einkommensarmut in einigen Ländern deutlich, während Nachbarstaaten nach wie vor mit stagnierenden oder gar steigenden Armutsraten kämpfen. Selbst innerhalb von Ländern schreitet die Armutsbekämpfung zum Teil sehr ungleichmäßig voran.
  • Des Weiteren steigen die Einkommensungleichheiten fast überall auf allen Ebenen. Globale Einkommensarmut ist nicht mehr vor allem Ausdruck eines reichen Nordens und eines benachteiligten Südens, sondern eines wachsenden Einkommensgefälles innerhalb von Ländern. Ausgeprägte regionale und soziale Armutstaschen werden viele Länder in den nächsten Jahrzehnten vor große Herausforderungen stellen.
  • Im Kampf gegen Einkommensarmut wurden mehr Erfolge erzielt als bei anderen Armutsdimensionen wie z. B. mangelnder Bildung, Gesundheitsversorgung und sozialer Sicherung. Früher war Einkommensarmut in der Regel mit anderen Formen von Armut verbunden und stellte daher einen guten Indikator auch für nicht finanzielle Armutsaspekte dar. Heute hingegen hat eine wachsende Zahl von Menschen, die nicht als einkommensarm gelten, keinen Zugang zu Bildung, Gesundheit oder ähnlich elementaren Leistungen. Folglich muss die Messung von Armut neben dem Mangel an Einkommen weitere Armutsdimensionen berücksichtigen.

Über die Autor*innen

Loewe, Markus

Ökonomie

Loewe

Rippin, Nicole

Ökonomin

Rippin

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