Durbans „afrikanischer“ Klimagipfel: Anpassung in Afrika

Durbans „afrikanischer“ Klimagipfel: Anpassung in Afrika

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Pauw, Pieter / Marcus Kaplan / Chinwe Ifejika Speranza
Die aktuelle Kolumne (2011)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne vom 12.12.2011 )

Bonn, 12.12.2011. In den vergangenen zwei Wochen fand in Durban die 17. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention (COP 17) statt. Eine rechtsverbindliche Vereinbarung über die Reduktion von Treibhausgasemissionen erzielten die fast 200 Verhandlungspartner nicht, aber sie beschlossen, dies 2015 nachzuholen. Wir wollen hier nicht sarkastisch klingen – die Europäische Union hat sich mächtig ins Zeug gelegt für dieses Minimalergebnis. Größere Fortschritte wurden hingegen bei der Anpassung an den Klimawandel als einem Thema von zunehmender Bedeutung gemacht. Anpassung stand auf diesem „afrikanischen Klimagipfel“ in Durban weit oben auf der Agenda. Der Afrika-Pavillon mit Informations-Ständen aus verschiedenen afrikanischen Regionen zeigte die Verwundbarkeit dieses Kontinentes auf und betonte die Dringlichkeit für Anpassungsmaßnahmen.

Im Vorfeld von Durban
Da die globalen CO2-Emissionen weiter steigen, muss aus den vorhandenen Anpassungsmöglichkeiten das Maximum herausgeholt werden. Überall auf der Welt befassen sich Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen zunehmend mit dieser Problematik. Auf früheren Klimagipfeln wurde man sich bereits einig, dass Anpassung und Minderung gleichrangig zu behandeln seien. Ausschüsse und Expertengruppen befassen sich seitdem mit diesem thematischen Schwerpunkt. Auf dem Klimagipfel 2009 verpflichteten sich die Industrieländer, Entwicklungsländer bei Klimaschutz und Klimaanpassung zu unterstützen: mit 30 Mrd. USD im Zeitraum 2010–2012 und jährlich 100 Mrd. USD ab 2020. Auf den letzten beiden Klimagipfeln gelang es nicht, konkrete Vereinbarungen zur Reduktion der weltweiten Treibhausgasemissionen zu erzielen. Die erwähnten Anpassungserfolge bewahrten diese Konferenzen immerhin vor einem kompletten Scheitern.

Die gegenwärtigen Anstrengungen reichen jedoch bei weitem nicht. Ein aktueller Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) offenbart, dass der Klimawandel zu einer wachsenden Zahl extremer Wetter- und Klimaereignisse führen wird und dass arme Länder und Menschen am meisten unter dieser Entwicklung leiden werden. Viele von ihnen bekommen die Auswirkungen des Klimawandels schon heute zu spüren. 2010 veranschlagte die Weltbank die jährlichen Anpassungskosten in Entwicklungsländern auf 70 bis 100 Mrd. USD. Allerdings ging sie von niedrigeren CO2-Emissionen aus und berücksichtigte lediglich technische Anpassungsmaßnahmen wie Staudämme, Deiche und dergleichen. Gesellschaftliche und institutionelle Anpassungsaspekte (zum Beispiel capacity building und Ausbildung) müssen allerdings mit derselben Priorität behandelt werden.

In Ruanda und Kenia etwa ist die Bereitstellung von Wetterdaten mit landwirtschaftlichen Informationen verknüpft sowie mit einem verbesserten Zugang der Bauern zu widerstandsfähigerem Saatgut und Wasser. Ebenso wird eine stärker diversifizierte Lebensgrundlage gefördert. Entscheidungsträger sind aktiv an diesen Prozessen beteiligt. Diese Einbeziehung gesellschaftlicher und institutioneller Komponenten erhöht zwar einerseits die Investitionskosten und Komplexität von Maßnahmen, ist aber andererseits ein unabdingbarer Schlüssel für erfolgreiche Anpassung.

Ein Judaslohn für unsere Zukunft
Trotz seiner Bedeutung wird das Thema Anpassung an den Klimawandel oft nur zögerlich angesprochen, um die verhandelnden Staaten nicht von der Notwendigkeit zur Emissionsminderung abzulenken. Anpassung bleibt auf lange Sicht weitgehend ineffektiv, wenn große Emittenten wie die USA und China ihren Ausstoß an Treibhausgasen nicht reduzieren. Als die Reduktionsverhandlungen auf dem Klimagipfel 2009 scheiterten aber den Entwicklungsländern Geld für Anpassungsmaßnahmen angeboten wurde, vermutete Ian Fry, der Chefunterhändler Tuvalus, einen Judaslohn: „In meinen Augen bietet man uns 30 Silberlinge, damit wir unser Volk und unsere Zukunft verraten.“ Auf der diesjährigen Konferenz jedoch kritisierten einige Delegierte offen, dass das Thema Anpassung im Gegensatz zu Minderung in den Verhandlungen immer noch unterrepräsentiert sei. Nichtsdestotrotz – einige Fortschritte in Sachen Anpassung hat der Durban-Gipfel gebracht.

Von besonderer Bedeutung ist die Konkretisierung des Green Climate Fund, über den ein Großteil der jährlich 100 Mrd. USD zur Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen abgewickelt werden soll. In Durban wurden eine Reihe von Beschlüssen zur Ausgestaltung und Steuerung dieses Fonds gefasst. Leider wurde nicht konkret festgelegt, wie diese Mittel aufgebracht werden sollen. Hinzu kommt, dass die Finanzierungszusagen der Industrieländer ab 2013 steigen müssen, damit der Fonds und die Klimafinanzierung insgesamt ihre Ziele erreichen können. Die Schweiz, Südkorea und Deutschland haben sich um den Sitz des Fonds beworben; überdies kündigte Deutschland an, zusätzliche 40 Mio. Euro für 2012 und 2013 bereitzustellen.

Doch selbst wenn die Finanzmittel aufgebracht werden, bleiben noch einige Fragen zu klären. US-Chefunterhändler Todd Stern provozierte die Delegierten mit der Behauptung, die Entwicklungsländer seien für eine nicht an Auflagen gebundene Klimaschutzfinanzierung noch nicht bereit. Diese Aussage ist theoretisch ungerecht, denn nach dem Verursacherprinzip handelt es sich bei Anpassungsfinanzierung um Entschädigungszahlungen, und Umweltsünder müssen zahlen – unabhängig davon, was die Empfänger mit dem Geld machen.

Und doch hat Stern einen wichtigen Punkt angesprochen. 100 Mrd. USD pro Jahr ist zwar nicht ausreichend, aber trotzdem sehr viel Geld. Und während der Klimawandel Regierungen indirekt in Form von Steuermindereinnahmen und schrumpfendem Bruttoinlandsprodukt trifft, leiden die Menschen direkt unter seinen Auswirkungen. Es muss gewährleistet werden, dass für Anpassung bestimmte Mittel nicht in Staatshaushalte fließen, sondern in die Hände der Betroffenen.

Eben dazu wurde beschlossen, den am wenigsten entwickelten Ländern die Erstellung Nationaler Anpassungspläne (NAP) zu ermöglichen. Sie sollen die Gefährdung der Länder durch den Klimawandel widerspiegeln und Langzeitstrategien für Anpassung und die Verankerung entsprechender Maßnahmen in nationalen Politiken aufzeigen. Die Ausgestaltung soll in der Verantwortung der Länder liegen, geschlechterdifferenziert, partizipativ und transparent sein und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Aber einmal mehr wurde nicht festgelegt, woher die Mittel dafür kommen sollen.

Nicht auf Verhandlungsergebnisse warten – jetzt handeln
Angesichts der Dringlichkeit und der stagnierenden Verhandlungen sollten Entwicklungsländer selbst die Initiative ergreifen, Anpassungspläne erarbeiten und ihre Fähigkeiten zur Durchführung von Anpassungsmaßnahmenverbessern. Wer vorbereitet ist, erhöht seine Chancen, Mittel zur Klimafinanzierung zu erhalten. Afrikanische Pioniere wie Mali und Äthiopien haben bereits damit begonnen und arbeiten auch an der Schaffung eigener Klimatreuhandfonds. Ein rechenschaftspflichtiger, transparenter Fonds kann nationale und internationale Finanzierungsbeiträge für Entwicklung und klimabezogene Maßnahmen bündeln. Er eignet sich eher für langfristige Programme als für Kurzzeitprojekte und ist – sofern er ordnungsgemäß verwaltet wird – eine sichere Bank für die Klimainvestitionen von Gebern.

Internationale Abkommen zu Anpassung und Emissionsminderungen brauchen ihre Zeit. Aber Entwicklungsländer sollten nicht warten, sondern sollten selber die Initiative ergreifen. Und dann besteht die Hoffnung, dass ihre Erfahrungen und Erfolgsgeschichten zu Impulsgebern für die laufenden Weltklimaverhandlungen werden.

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