Klimakonferenz in Bonn: Good COP oder Bad COP?

Klimakonferenz in Bonn: Good COP oder Bad COP?

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Bauer, Steffen
Die aktuelle Kolumne (2017)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne vom 14.11.2017)

Bonn, 14.11.2017. Zwei Jahre nach Abschluss des wegweisenden „Pariser Abkommens“ im Dezember 2015 diskutieren die Vertragsparteien der COP23 in Bonn darüber, wie sie ihre jeweiligen nationalen klimapolitischen Ziele kurzfristig erhöhen können, ohne dabei nationale und internationale Entwicklungsziele aus den Augen zu verlieren. Dabei sieht sich COP23 ungewollt mit der zusätzlichen Aufgabe konfrontiert, der Welt zu versichern, dass das Pariser Abkommen trotz der Abkehr der USA nicht zur Disposition steht.

Die erste Verhandlungswoche war diesbezüglich zumindest ermutigend. Angeführt von Prominenten wie dem ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore, dem vormaligen New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg und Hollywood-Legende Arnold Schwarzenegger demonstrierte die ungewohnt starke Präsenz von Gouverneuren und Senatoren aus einzelnen US-Bundesstaaten, den Bürgermeistern wichtiger US-Metropolen und wirkungsmächtigen amerikanischen Unternehmensvertretern und Nichtregierungsorganisationen unter dem Motto #WeAreStillIn eindrucksvoll, dass eine progressive US-amerikanische Klimapolitik auch ohne Unterstützung ihres Präsidenten weitergeht. Ein erfahrener COP-Teilnehmer aus Bangladesch brachte es im Rahmen der vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) mitveranstalteten Development and Climate Days am vergangenen Wochenende in Bonn wie folgt auf den Punkt: Zwar kehre der US-Präsident der Klimapolitik den Rücken zu, nicht aber sein Volk. Dies wird von COP23 mit Dank und Erleichterung zur Kenntnis genommen. Viele Unterhändler anderer Nationen bringen gar explizit Mitleid mit ihren US-Kollegen zum Ausdruck, die weisungsgebunden die Verhandlungslinien aus dem Weißen Haus vertreten müssen.

In substanziellen Fragen soll sich COP23 vor allem auf ein gemeinsames „Regelbuch“ verständigen, das zukünftig anleiten soll, wer wann, mit welchen Mitteln welche klimapolitischen Maßnahmen zur Umsetzung des Pariser Abkommens ergreifen sollte und wie sich die Vertragsparteien regelmäßig, in transparenter, umfassender und vergleichbarer Weise über ihre jeweiligen Umsetzungsfortschritte unterrichten wollen. Nach einer zähen ersten Verhandlungswoche erscheint zu Beginn der zweiten Verhandlungswoche eine Einigung greifbar. Ob sie gelingt, bevor am Mittwoch und Donnerstag die Staats- und Regierungschefs einfliegen, um medienwirksam die erwarteten Fortschritte zu preisen, ist jedoch keineswegs gesichert. Damit aber die entsprechenden Leitlinien auf der nächsten Klimakonferenz 2018 offiziell verabschiedet und für alle Parteien verbindlich in Kraft treten können, muss die Bonner Konferenz liefern. Die Regierungsspitzen sind im Zweifel gefordert, bei ihren Unterhändlern für den nötigen Nachdruck zu sorgen. Wird über die Bonner Klimakonferenz hinaus noch um die Regeln gefeilscht, riskieren die Vertragsparteien entscheidende Zeit zu verlieren, die am Ende fehlt, um das im Pariser Abkommen festgeschriebene Ziel einer maximalen globalen Erwärmung von 1,5-2°C in Reichweite zu halten. COP23 würde dann als "bad COP" in die Chronologie der internationalen Klimapolitik eingehen.

Nicht zuletzt ist COP23 erkennbar darum bemüht, die Verbindungen zwischen der globalen Klimapolitik und nachhaltiger Entwicklung herauszuarbeiten. Dazu müssen insbesondere die Ziele des Pariser Abkommens mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) in Einklang gebracht werden, die ebenfalls 2015 verabschiedet wurden. Nur so können unvermeidliche Zielkonflikte sichtbar gemacht und zum Gegenstand politischer Abwägung und Prioritätensetzung werden, denn letztlich bleiben Klimawandel und Klimapolitik eine Entwicklungsherausforderung. Dies gilt umso mehr als absehbare Auswirkungen des Klimawandels erreichte Entwicklungserfolge untergraben und die Nachhaltigkeit der Entwicklungsanstrengungen grundsätzlich in Frage stellen. Deshalb soll die Bonner Klimakonferenz auch dazu beitragen, mehr Klimafinanzierung zu mobilisieren und sich insbesondere über die Zukunft des Anpassungsfonds der UNFCCC zu verständigen. Dieser soll Entwicklungsländern bei der Stärkung ihrer Resilienz und bei der Anpassung an den Klimawandel helfen. Auch diese Punkte bleiben in der laufenden Verhandlungsrunde umstritten und bedürfen nicht nur klarer Bekenntnisse, sondern auch konkreter Zusagen speziell der wohlhabenden Industrienationen. Sichtbare Fortschritte bei der Ausstattung des Anpassungsfonds und der Weiterentwicklung der in Paris auf den Weg gebrachten Anpassungsagenda werden maßgeblich über die Bewertung der COP23 in den Entwicklungsländern entscheiden.

Die offenen Punkte der Verhandlungsagenda wie auch das Verhalten der Trump-Administration erfordern eine noch führungsstärkere Klimadiplomatie der verbleibenden Hauptakteure globaler Klimapolitik, namentlich von China und der EU. Es wäre für die Bonner Verhandlungsrunde und darüber hinaus sehr hilfreich, wenn sich diese Einsicht endlich auch unter den Sondierern der designierten „Jamaika-Koalition“ durchsetzen würde. Auf ein entsprechendes Signal des Deutschlands, das seine selbst gesteckten Klimaziele krachend zu verfehlen droht, wartet COP23 nach wie vor vergeblich. So wird am Ende auch der Auftritt der Bundesregierung im für Mittwoch und Donnerstag anberaumten High-level Segment der COP23 mit darüber entscheiden, ob die Bonner Klimakonferenz als good COP oder bad COP im Gedächtnis bleiben wird.

Über den Autor

Bauer, Steffen

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