Lernen aus Evidenz – Wie Wirkungsanalysen besser genutzt werden können

Lernen aus Evidenz – Wie Wirkungsanalysen besser genutzt werden können

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Rudolph, Alexandra / Armin von Schiller / Christoph Strupat
Die aktuelle Kolumne (2017)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne vom 02.10.2017)

Die Bedeutung von Wirkungsanalysen ist in der Entwicklungszusammenarbeit kein neues Thema. Es gibt einen zunehmenden Konsens in der Entwicklungspolitik, dass es wichtig ist, Interventionen mittels rigoroser Wirkungsstudien zu beurteilen. In Deutschland haben Wert und Bedeutung von unabhängigen, rigorosen Wirkungsanalysen in den vergangenen Jahren zugenommen, obwohl sie weit weniger institutionalisiert sind als in anderen wichtigen Geberländern.

Es gibt viele gute Gründe für den verstärkten Einsatz von Wirkungsanalysen. Dazu gehört z.B. die Durchführungsorganisationen rechenschaftspflichtig zu machen und Entwicklungszusammenarbeit zu legitimieren, indem positive Wirkungen aufgezeigt werden. Lernen aus Wirkungsanalysen dominiert die derzeitige Debatte. Wirkungsanalysen schaffen – nach der Theorie – Wissen, das Praktiker dazu bringt, ihre Strategien und Projekte so zu verändern, dass bessere Ergebnisse erzielt werden können.

Leider nutzen Geber und Durchführungsorganisationen Wirkungsanalysen viel zu wenig, vor allem im deutschen Kontext. Mehrere Faktoren behindern ihre Anwendung und die Nutzung der Ergebnisse. Erstens ist die externe Validität der Ergebnisse rigoroser Wirkungsanalysen beschränkt. Folglich können Einsichten der Analyse nicht einfach auf andere Zusammenhänge und Länder übertragen werden. Zweitens erhöht die Wahrnehmung, dass nur die Leistungen von Programmen oder sogar Einzelpersonen bewertet werden zu einer negativen Voreingenommenheit in einigen Fällen sogar zu offenen Widerstand gegenüber Wirkungsanalysen.

Vielen Herausforderungen, denen sich die Entwicklungszusammenarbeit bei der Nutzung von Evidenz durch Wirkungsanalysen gegenüber sieht, könnte durch gemeinsames Handeln von Forschern und Praktikern begegnet werden. Leider werden Wirkungsanalysen, die von externen Forschern durchgeführt werden, zunehmend von Praktikern als zusätzliche und periphere Aufgabe ihrer täglichen Arbeit angesehen. Der Grund für diesen Trend liegt nicht nur in den mangelnden Anreizen rigorose Wirkungsanalysen zu unterstützen, er ist auch einem Kommunikationsproblem zwischen Forschern und Praktikern geschuldet. Einerseits müssen Forscher die Ergebnisse für Praktiker zugänglich und nutzbar machen, insbesondere um die Intuition hinter den verschiedenen methodischen Ansätzen zu erklären. Andererseits müssen Praktiker deutlich machen, was ihre Lerninteressen sind und ihre Grenzen und Befürchtungen offen diskutieren. Die Projektplanung muss auch sicherstellen, dass Praktiker genügend Zeit haben, um sinnvoll in die Planung der Wirkungsanalyse einbezogen zu werden.

Wir sind der Ansicht, dass Begleitforschung in denen Wirkungsanalysen eingebettet sind dazu beitragen können, die Zusammenarbeit zwischen Praktikern und Forschern zu verbessern. Am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) sammeln wir positive Erfahrungen mit diesem Ansatz in Ländern wie Benin, Malawi und Mosambik. Der Eckpfeiler dieses Modells ist ein regelmäßiger Austausch über Konzeption und Umsetzung von Wirkungsanalysen in enger Zusammenarbeit zwischen den als unabhängige Gutachter eingesetzten Forschern und den Durchführungsorganisationen der zu evaluierenden Entwicklungsmaßnahmen. Im Gegensatz zu kurzfristigen beratungsbezogenen Analysen, zielt dieses Modell darauf ab, eine zuverlässige, langfristige Arbeitsbeziehung zwischen allen Akteuren zu entwickeln. Dies erleichtert einen gemeinsamen Lernprozess und gewährleistet zugleich unabhängige Wirkungsanalysen. Im besten Fall müssen die Durchführungsorganisationen, die finanziellen Kosten der Wirkungsstudien nicht tragen, weil externe Geber dafür aufkommen.

Dieses Modell kann die Qualität und den Nutzen von Wirkungsanalysen erhöhen und die Diskussion der Ergebnisse verbessern. Forscher lernen mehr über die Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung von Entwicklungsmaßnahmen sowie über die Präsentation ihrer Ergebnisse jenseits der Forschungsgemeinschaft, während Praktiker etwas über Vorteile und Grenzen rigoroser Wirkungsanalysen erfahren und außerhalb ihres Projekts erzeugte Evidenz besser verstehen und nutzen.

Das heißt nicht, dass alle Wirkungsanalysen auf diese Weise durchgeführt werden sollten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, unabhängige Wirkungsstudien durchzuführen. Nach unserer Erfahrung sind Wirkungsanalysen innerhalb von Begleitforschungsprojekten, besonders gut geeignet, die Qualität und Nutzung der Ergebnisse zu verbessern. Die Politik drängt dazu, Wirkungsanalysen stärker einzusetzen. Es geht aber nicht nur um mehr Analysen sondern auch um eine bessere Nutzung der erzeugten Evidenz. Wirkungsanalyse innerhalb von Begleitforschungsprojekten zu integrieren, ist ein Modell, das in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag leisten kann.

Alexandra Rudolph ist tätig am Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Christoph Strupat und Armin von Schiller sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).

Diese Kolumne ist am 05.10.2017 auch auf euractiv.de erschienen.

Über die Autor*innen

Schiller, Armin von

Politikwissenschaftler

Schiller

Rudolph, Alexandra

Ökonomin

Rudolph
Strupat

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