published on Umwelt - Mitwelt - Zukunft 73/2016, 6
Niemand kann im Moment genau sagen, wie viele Menschen kriegs- und wie viele klimabedingt auf der Flucht sind. Für Schlagzeilen sorgte jedoch Anfang August 2014 das Schicksal einer einzelnen Migrantenfamilie aus dem kleinen, von Klimawandel und Meeresspiegelanstieg bedrohten Inselstaat Tuvalu. Ein Gericht in Neuseeland gewährte der Familie, deren Heimat von Grundwasserversalzung und Sturmfluten zunehmend in Mitleidenschaft gezogen wird, unter expliziter Bezugnahme auf den Klimawandel das Bleiberecht. Zwar hat das Gericht explizit anerkannt, dass klimatische Faktoren eine dauerhafte Rückkehr der Familie praktisch ausschließen. Dies steht allerdings in keinem Zusammenhang zu den völkerrechtlich garantierten Schutzrechten von Flüchtlingen: In der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 spielen Umweltveränderungen keine Rolle. Da die Auswirkungen des Klimawandels aber in Zukunft weltweit sehr viele Menschen – und nicht nur die Bewohner der kleinen Inselstaaten – veranlassen dürften, ihre Heimat zu verlassen, stellt sich die Frage, wie diese offenkundige Schutzlücke im Flüchtlingsrecht geschlossen werden kann.