Memorandum zum G20-Gipfel

Pressemitteilung vom 31.03.2009

Wissenschaftler aus Europa und Schwellenländern fordern Weltwirtschaftsreform

Unter Führung von Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE), setzt sich eine Gruppe von führenden Wissenschaftlern aus Europa und wichtigen Schwellenländern (China, Indien, Brasilien und Südafrika) für weit reichende Global Governance-Reformen ein. Anlässlich des bevorstehenden Weltfinanzgipfels in London befasst sich das heute veröffentlichte Memorandum mit zentralen Initiativen zur Gestaltung der Globalisierung. Wenn der Gipfel die Weichen in diese Richtung stellt, kann die Krise zu einer Chance werden und zu einer stabileren und faireren Weltwirtschaftsordnung führen. Scheitern die inter­nationalen Reformen, stehen der Welt unsichere Zeiten ins Haus; die Globalisierung könnte dann scheitern.

Der von Vertretern aus Nord und Süd einvernehmlich formulierte Text benennt die entscheidenden Reformkorridore zur Neuordnung der Weltwirtschaft, die von den etablierten G8-Staaten und den Schwellenländern auf dem G20-Gipfel gemeinsam beschlossen werden sollten.

Die Wissenschaftler sehen dringenden Handlungsbedarf in folgenden Bereichen:

  • G20: Die aufstrebenden Wirtschaftsmächte des Südens müssen in eine neue Gipfelstruktur einbezogen werden. Die G20 sollte sich künftig nicht nur mit der Finanzarchitektur, sondern mit allen zentralen Weltproblemen beschäftigen.
  • Vereinte Nationen: Effektivität und Legitimität der G20, in der mehr als 170 Staaten nicht vertreten sind, werden entscheidend vom Zusammenspiel mit einer reformierten UNO abhängen. Die Autoren unterstützen deshalb den Vorschlag von Bundeskanzlerin Merkel und der Stiglitz-Kommission, einen Globalen Wirtschaftsrat bei den Vereinten Nationen einzurichten, der die internationalen Wirtschafts-, Entwicklungs- und Umweltprozesse zu begleiten hätte.
  • Bretton Woods-Organisationen: Internationaler Währungsfonds und Weltbank müssen zu wahrhaft globalen Organisationen umgestaltet werden, die legitim, fair und überparteilich handeln und nicht wie in der Vergangenheit den nationalen Interessen der mächtigsten westlichen Staaten gehorchen.
  • WTO: Die Welthandelsorganisation muss die Doha-Entwicklungsrunde zügig zum Abschluss bringen, um das multilaterale Regelwerk zu stabilisieren und die drohende weltweite Welle des Protektionismus einzudämmen.

Des weiteren sollte die Generalversammlung die Einrichtung eines interdisziplinären International Panel on Global Systemic Risks in the 21st Centrury beschließen, das nach dem Vorbild des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) zentrale und langfristige Systemrisiken in der globalen Ökonomie untersucht, dieses Weltwissen den internationalen Entscheidungsträgern zur Verfügung stellt und damit Anreize für Politik und Wirtschaft verbessert, Gefahren frühzeitig wahrzunehmen und präventiv zu handeln.

Den kompletten Text des Memorandums finden Sie auch in der Ausgabe des Handelsblatts vom 31.03.2009.

Die Autoren leiten wichtige Forschungseinrichtungen in Europa und den Schwellenländern:

  • Sachin Chaturvedi, Senior Fellow, Research and Information System for Developing Countries, Indien
  • Garth Le Pere, Direktor, Institute for Global Dialogue, Südafrika
  • Simon Maxwell, Direktor, Overseas Development Institute, London
  • Dirk Messner, Direktor, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Stellv. Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats für Globale Umweltveränderungen (WBGU)
  • Enrique Saravia, Brazilian School for Public Business Administration, Getulio Vargas Foundation, Brasilien
  • Margret Thalwitz, ehemalige Direktorin der Weltbank, Washington, D.C.
  • YU Yongding, Director-General, Institute for World Economics and World Politics, Chinese Academy of Social Sciences, Mitglied der UN-Kommission für „Reforms of the International Monetary and Financial System”

Das vorliegende Positionspapier ist ein Ergebnis der internationalen Forschungskooperation des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik im Rahmen der Global Governance School. Die zweimal pro Jahr durchgeführte School richtet sich an junge Führungskräfte der Schwellenländer und ist zentraler Bestandteil des Programms „Managing Global Governance“, das vom DIE gemeinsam mit InWEnt im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) durchgeführt wird.