Chinas neue Seidenstrasse: Chancen und Risiken bei ihrer Finanzierung

Berensmann, Kathrin
Externe Publikationen (2019)

in: Diplomatisches Magazin 2/2019, 32-35

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Mit der „Belt and Road Initiative“ hat die chinesische Regierung im Jahr 2013 die „Neue Seidenstraße“ das wichtigste und weitreichendste Wirtschafts- und Handels- projekt der Geschichte – ins Leben gerufen. China strebt mit der Neuen Seidenstraße geopolitische Ziele an, indem es die beteiligten Länder ökonomisch näher an sich bindet.

Ein Hauptziel der Neuen Seidenstraße ist es, Infrastruktur auszubauen, und dadurch eine globale Investitionslücke zu schließen. Einerseits bietet die Initiative mit den enormen Infrastrukturinvestitionen auch großes Wachstumspotenzial in einer multipolaren Welt für alle beteiligten Länder. Andererseits ist offen, wie ein solches Mammutvorhaben finanziert werden kann. Welche Chancen und Risiken treten bei der Finanzierung der Neuen Seidenstraße und damit besonders bei der Finanzierung von Infrastrukturvorhaben auf? Zum einen hat die chinesische Regierung über verschiedene nationale und multilaterale Institutionen erhebliche Summen bereitgestellt. Zum anderen ist diese Finanzierung mit erheblichen Risiken verbunden. 

Laut OECD finanzierte die chinesische Regierung die Neue Seidenstraße bislang vorwiegend mithilfe der größten chinesischen staatlichen Geschäftsbanken, wie zum Beispiel der China Exim Bank, der chinesischen Entwicklungsbank sowie der Industriellen und Kommerziellen Bank von China. Darüber hinaus hat die chinesische Regierung im Dezember 2014 zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten den Seidenstraßen-Fonds (New Silk Road Fund) gegründet. Zudem hat sie im Jahr 2015 als Hauptanteilseigner mit rund 30 Prozent des Eigenkapitals die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (Asian Infrastructure Investment Bank, AIIB) ins Leben gerufen. Weiterhin ist China zusammen mit Brasilien, Russland, Indien und Südafrika einer der fünf Anteilseigner der Neuen Entwicklungsbank (New Development Bank, NDB), die ebenfalls 2015 ihre Arbeit aufnahm. Infrastrukturvorhaben sind Schwerpunkte dieser beiden multilateralen Entwicklungsbanken. 

Bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten übernehmen die multilateralen Entwicklungsbanken (Multilateral Development Banks, MDBs) eine einzigartige und unverzichtbare Rolle, weil diese für die speziellen finanziellen Anforderungen von Infrastrukturinvestitionen komparative Vorteile aufweisen. Die MDBs verknüpfen bei der Umsetzung von Infrastrukturprojekten finanzielle Ressourcen mit Fachwissen und Regionalkenntnissen. Zudem können die MDBs zu günstigen Konditionen langfristige finanzielle Ressourcen anbieten. Private Geschäftsbanken hingegen sind aufgrund der hohen Risiken bei Infrastrukturvorhaben kaum oder nur zu Marktkonditionen bereit, Finanzierungsmittel anzubieten. 

Die Finanzierung von Infrastrukturvorhaben in den beteiligten Ländern der Neuen Seidenstraße durch die neuen multilateralen Entwicklungsbanken ist aber auch mit einigen Risiken verbunden. So ist es zum Beispiel fraglich, ob die neuen durch China dominierten MDBs tatsächlich adäquate Umwelt- und Sozialstandards einhalten.

Insgesamt trägt die Bereitstellung von enormen chinesischen Finanzressourcen für Infrastrukturvorhaben einerseits zur Schließung der Infrastrukturlücke in den beteiligten Ländern bei. Andererseits sollte gerade die Fremdfinanzierung von Infrastrukturprojekten durch andere Länder kritisch bewertet werden. Wenn andere Länder Eigentumsrechte durch Investitionen in Infrastrukturvorhaben erwerben, dann können diese erheblichen ökonomischen Einfluss ausüben. Es bleibt zu hoffen, dass alle beteiligten Länder gleichermaßen von der Neuen Seidenstraße profitieren.

Über die Autorin

Berensmann, Kathrin

Wirtschaftswissenschaften

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