Nach dem Gipfel: G20-Afrika Kooperation auf der Suche nach Kontinuität, Einfluss und politischen Visionen

Nach dem Gipfel: G20-Afrika Kooperation auf der Suche nach Kontinuität, Einfluss und politischen Visionen

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Hackenesch, Christine / Julia Leininger / Elizabeth Sidiropoulos
Die aktuelle Kolumne (2017)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne vom 17.07.2017)

Bonn, 17.07.2017. Die Stärkung der G20-Afrika Kooperation ist ein wichtiger Erfolg der deutschen G20-Präsidentschaft. Die meisten afrikanischen Volkswirtschaften sind weder gut in die Weltwirtschaft integriert, noch haben sie wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungsfindung in globalen Governance-Strukturen wie der G20, des IWF oder der WTO. Gleichzeitig ist Afrika weiterhin der Kontinent, auf dem die meisten Armen leben, häufig in fragilen Staaten. Daher besteht Bedarf für eine bessere afrikanische Vertretung bei globalen Problemlösungen und verbesserte Wege zu nachhaltiger Entwicklung in Afrika. Können die im Kommuniqué skizzierten G20-Prioritäten die globale Vertretung Afrikas und seine nachhaltige Entwicklung voranbringen?

Nachhaltige Entwicklung in Afrika: Auf der Suche nach politischen Visionen

G20-Afrika Kooperation bestand bisher aus einer Reihe von Einzelinitiativen (bspw. die Initiative zur Förderung von Industrialisierung in Afrika und LDCs durch die chinesische G20-Präsidentschaft 2016). Diskussionen über die Zusammenarbeit zwischen der G20 und Afrika fanden meist in der G20-Arbeitsgruppe ‚Entwicklung‘ statt. Die deutsche Präsidentschaft hat nun eine neue G20 Afrika Partnerschaft ins Leben gerufen. Ihr Kernstück ist der „Compact with Africa“ (CwA), der von der Afrikanischen Entwicklungsbank, dem IWF und der Weltbank umgesetzt werden wird. Er konzentriert sich auf private Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen und die Infrastruktur (insbesondere Energie) in einzelnen Ländern verbessern sollen. Côte d‘Ivoire, Äthiopien, Ghana, Marokko, Ruanda, Senegal und Tunesien haben sich verpflichtet, Vereinbarungen zu präsentieren.

Mit einigen konkreten Initiativen zu beginnen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings ist auch eine politische Vision erforderlich, wie die alten und neuen Initiativen zusammenpassen und wie sie zu einer strukturellen, großen Transformation beitragen, die für nachhaltige Entwicklung in Afrika notwendig ist. Das G20-Kommuniqué bezieht sich auf die Agenda 2063 der Afrikanischen Union (AU) und die Agenda 2030 der UN. Trotzdem ist nicht klar, wie die CwAs zum umfassenderen Ziel der Förderung nachhaltiger Entwicklung in Afrika beitragen werden. Darüber hinaus sind die CwAs nicht systematisch mit früheren G20-Initiativen verknüpft, die noch auf eine vollständige Umsetzung warten. Auch konzentrieren sich die CwAs auf bilaterale Vereinbarungen, statt die regionale Kooperation bei der Schaffung eines günstigen Investitionsumfelds zu unterstützen.

Komplementarität zwischen G20 und anderen Partnerschaften stärken

Die neue G20 Afrika Partnerschaft läuft parallel zu bilateralen Agenden von G20-Mitgliedern, insbesondere zu denen von China (Belt and Road Initiative) oder Indien und Japan (Asia-Africa Growth Corridor) und könnte mit ihnen konkurrieren. Die BRICS-Unterstützung für die CwAs scheint begrenzt. Jedenfalls erwähnen die BRICS die Kooperation mit Afrika in ihrem Pressekommuniqué des Hamburger Gipfels nicht. Die deutsche G20-Präsidentschaft bemüht sich offenbar v.a. darum, EU-Initiativen wie den externen EU-Investitionsplan und die Vorbereitungen für den EU-Afrika-Gipfel in Übereinstimmung mit der G20-Agenda zu bringen.

Ob die verschiedenen bilateralen und G20-Initiativen der Industrie- und Entwicklungsländer sich gegenseitig verstärken oder miteinander konkurrieren, wird auch von der Antwort Afrikas abhängen. Die AU ist dabei, ihre Strategien zur Kooperation mit externen Partnern zu reformieren und die Komplementarität von Partnerschaften zu stärken. Beim AU-Gipfel Anfang Juli wurden die Reformvorschläge weiter diskutiert, die eine Kommission unter Vorsitz vom ruandischen Präsident Kagame erarbeitet und im Januar den AU-Staatschefs vorgestellt hatte. Diese Reformbemühungen müssen den Ausgangspunkt für G20-Afrika Kooperation bilden. Nur dann kann sichergestellt werden, dass mit dem Engagement der G20 im Vergleich zu anderen Partnerschaften zusätzlicher Nutzen entsteht.

Von Verantwortung zur Partnerschaft: Afrika muss mit am Tisch sitzen

Die deutsche G20-Präsidentschaft zielte auf eine neue und gleichberechtigte Partnerschaft mit Afrika. Mittelfristig kann dies nur erreicht werden, wenn Afrika mit am Tisch sitzt. Auf der Basis der Vorschläge für eine G20 Afrika Partnerschaft sollte die G20 die Kooperation mit Afrika umfassend in die verschiedenen G20 Arbeitsstränge integrieren, jenseits von der G20-Arbeitsgruppe ‚Entwicklung‘. Die Umsetzung der 2030-Agenda in Zusammenarbeit mit Afrika und die Unterstützung der Agenda 2063 erfordert politische Kohärenz innerhalb der G20-Arbeitsgruppen und die Koordination mit anderen internationalen und regionalen Organisationen.

Außerdem sollte eine Panafrikanische Organisation mittelfristig einen ständigen Sitz bekommen. Die AU und die „New Partnership for Africa’s Development” (NEPAD) haben derzeit nur Beobachterstatus. Dies bedeutet ein gewisses Maß an Informalität. Zusammen mit den begrenzten Ressourcen der Organisationen schafft dieser Grad der Informalität wenige Anreize, Kapazitäten für die Kooperation mit der G20 zu stärken. Ein ständiger Sitz für eine Pan-Afrikanische Organisation wäre ein Schritt, das Legitimationsdefizit zu verringern.

Die G20 Afrika Partnerschaft kann für nachhaltige Entwicklung in Afrika nur einen Unterschied machen, wenn (1) künftige Präsidentschaften das Engagement der G20 für die Zusammenarbeit mit Afrika aufrechterhalten, (2) afrikanische Stimmen in die globale Entscheidungsfindung integriert werden und wenn sie (3) in ein zukunftsweisenderes und umfassenderes Engagement eingebettet wird.

Christine Hackenesch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung „Bi- und multilaterale Entwicklungspolitik“ am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE). Julia Leiniger leitet am DIE die Abteilung „Governance, Staatlichkeit, Sicherheit“. Elizabeth Sidiropoulos ist Chief Executive am South African Institute of International Affairs (SAIIA).

Über die Autor*innen

Hackenesch, Christine

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