Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne, 21.07.2014)
Bonn, 21.07.2014. Am 19. Juli 2014 veröffentlichten die Vereinten Nationen einen Katalog von 17 Zielen für eine global nachhaltige Entwicklung, für die sich alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen ab 2015 einsetzen sollen – in ihrem eigenen Staatsgebiet und durch internationale Zusammenarbeit. Auf diese Ziele haben sich die etwa 70 Mitglieder der open working group (OWG) geeinigt, die sich im Januar 2013 konstituiert hatte; Deutschland hat an den Verhandlungen aktiv teilgenommen, in einer Dreiergruppe mit der Schweiz und Frankreich.
Dieser gemeinsame Zielkatalog soll die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) ablösen, die zwischen 2000 und 2015 die Entwicklungszusammenarbeit (EZ) strukturiert hatten. Die neuen Ziele unterscheiden sich von den MDGs erheblich: Sie verpflichten alle Staaten zu Veränderungen, nicht nur die armen Länder. Armut und Ungleichheit sollen verringert werden, aber nicht auf Kosten der Natur:
Bis 2030 soll nicht nur die extreme Armut abgeschafft werden, sondern die Zahl der Menschen, die nach nationalen Kriterien als arm gelten, halbiert werden. In Deutschland leben heute etwa 15 Prozent der Bevölkerung an der Armutsgrenze, das sind etwa 12 Millionen Menschen.
Es ist ein gutes Ergebnis, auch wenn die Ziele in einigen Fällen nicht so ambitioniert sind, wie es nötig gewesen wäre.
Kurz ist der Katalog nicht: statt acht bis zehn sind es doch 17 Ziele geworden. Damit hat die OWG den Mut gezeigt, den vielen Facetten nachhaltiger Entwicklung Rechnung zu tragen und einigen Leerstellen effektiven internationalen Handelns zu begegnen, z.B. im Meeresschutz und der nachhaltigen Urbanisierung. Es fehlt aber eine Verpflichtung zur Begrenzung und Reduzierung von Waffenexporten und zur Unterbindung des Menschenhandels.
Alle Ziele sind mit quantifizierten, jeweils mit Fristen belegten Unterzielen versehen, die ökonomische, soziale und ökologische Aspekte integrieren. Das macht sie nicht übersichtlicher, aber konkreter.
Insgesamt hat die OWG einen Zielkatalog vorgelegt, der zu Recht beanspruchen kann „einen integrierten unteilbaren Satz an globalen Prioritäten für nachhaltige Entwicklung“ darzustellen, mit „ambitionierten globalen Zielen, die jede nationale Regierung in eigene nationale Ziele umsetzt und sich dabei am globalen Ambitionsniveau orientiert sowie an den nationalen Gegebenheiten“.
Damit hat sie den Auftrag erfüllt, der ihr von der Generalversammlung der Vereinten Nationen im September 2012 gegeben worden war. Nach diesem ersten Schritt ist die Vorlage des Zielkatalogs der zweite. Nun steht der dritte Schritt bevor: den Zielkatalog im Wesentlichen zu bestätigen, auch wenn eine Konsolidierung noch erforderlich ist, und ein System zu entwickeln, mit dem er umgesetzt und Fortschritte gemessen werden können. Dies wird der Knackpunkt der neuen globalen Agenda sein: Gelingt es den Staaten, ihre eigenen Verhandlungsergebnisse so ernst zu nehmen, dass sie in nationale Politik umgesetzt werden, die keine oder zumindest weniger negative internationale Effekte hervorbringen? Dass Einkommenszuwächse gerechter verteilt und Böden, Pflanzen und Tiere und das Klima besser geschützt werden?
Deutschland hat zwei Instrumente, die dazu beitragen können, die Umsetzung der neuen Agenda wirksam in die Hand zu nehmen: Die nationale Strategie für nachhaltige Entwicklung kann im Lichte der neuen globalen Agenda verbessert und geschärft werden. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) erarbeitet mit der deutschen Zivilgesellschaft eine Zukunftscharta, die Prioritäten für gemeinsames Handeln für die Eine Welt setzen soll – in Übereinstimmung mit der neuen Agenda und unter Beteiligung weiterer Ministerien.