Post-2015: Sicherheit, Frieden und Entwicklung gehören zusammen

Post-2015: Sicherheit, Frieden und Entwicklung gehören zusammen

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Janus, Heiner / Gerrit Kurtz
Die aktuelle Kolumne (2014)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne, 22.04.2014)

Bonn, Berlin, 22.04.2014. Rhetorisch sind sich alle einig: Sicherheit, Frieden und Entwicklung gehören zusammen. Die Erfahrung mit den Millenniumsentwicklungszielen (MDGs) unterstreicht dies. Länder, die von Konflikten, Gewalt und politischer Instabilität betroffen sind, sind am weitesten davon entfernt, die MDGs zu erreichen. Laut Weltbank leben zwei Drittel der ärmsten Menschen der Welt und 60 % der Unterernährten in Regionen mit bewaffneten Konflikten. Aktuelle Trends deuten an, dass extreme Armut zunehmend in fragilen Staaten konzentriert sein wird. In der internationalen Diskussion legen daher praktisch alle Hintergrundstudien zur Post-2015-Agenda einen besonderen Fokus auf Frieden und Sicherheit – und auch die Generalversammlung der Vereinten Nationen (VN) wird das Thema diese Woche diskutieren. Im Rahmen seiner außenpolitischen Neuausrichtung sollte Deutschland eine führende Rolle bei diesem Thema einnehmen.

Politische Hürden

Eine Reihe von politischen Hürden verhindert jedoch eine stärkere Verknüpfung von Entwicklungsthemen mit Frieden und Sicherheit. Die Verknüpfung klingt für viele Schwellen- und Entwicklungsländer wie eine Übernahme der Entwicklungsagenda für sicherheitspolitische Ziele. Wenn zukünftig auch Armut, mangelnde Rechtsstaatlichkeit und eine fehlende soziale Grundabsicherung Teil der Sicherheitsagenda werden, können neue Begründungen für militärische Interventionen der internationalen Gemeinschaft in diese Staaten geschaffen werden. In den vergangenen 15 Jahren hat sich zum Beispiel der VN-Sicherheitsrat zunehmend mit Aids, Klimaschutz und Drogenhandel aus einer Sicherheitsperspektive befasst. Nicht zuletzt wegen seiner Möglichkeit, notfalls gegen Regierungen Zwangsmaßnahmen zu erlassen, lehnen Entwicklungsländer aus der Gruppe der G77 Staaten eine größere Rolle des Sicherheitsrats ab.

Andere Staaten wiederum fürchten, die Konzentration von Entwicklungsgeldern auf fragile Staaten. Dies deutet sich zwar noch nicht an, doch wären insbesondere arme, konfliktfreie Länder von einer solchen Umverteilung von Entwicklungsgeldern betroffen.

Potentielle Kompromisse

In der Post-2015-Debatte muss deswegen eine Balance zwischen einer Vernachlässigung armutsrelevanter Sicherheitsthemen und der unnötigen Politisierung der Entwicklungsagenda gefunden werden. Dabei kommt es insbesondere darauf an, die beschriebenen politischen Hindernisse frühzeitig zu diskutieren.

Hierfür ist eine klare Strategie Voraussetzung. Im Zuge der Post-2015-Agenda sollte die Stärkung der institutionellen Grundlagen für eine friedliche Gesellschaft im Zentrum stehen. International wurden dafür Prinzipien identifiziert, die für die gesellschaftliche Widerstandsfähigkeit gegenüber Aufständen und bewaffneten Konflikten zentral sind: Rechenschaftspflicht staatlicher Institutionen, fair und effektiv funktionierende Gerichte, Verwaltungen und Sicherheitsapparate, Arbeitschancen sowie ein Mindestmaß an Partizipationsmöglichkeiten. Diese Prinzipien wurden im New Deal for Engagement in Fragile States 2011 von einer Gruppe aus 44 Staaten einvernehmlich verfasst. Da ein gewisses Ausmaß an Fragilität, d. h. der mangelnden Fähigkeit des Staates, Politik zentral und notfalls mit Zwangsmaßnahmen durchzusetzen, global und historisch die Regel und nicht der Ausnahmefall ist, sollte bei der Zielformulierung Pragmatismus walten. Die internationale Gemeinschaft ist nun aufgefordert, diese allgemeinen Prinzipien in konkrete Ziele der Post-2015-Agenda zu übersetzen.

Die Festlegung konkreter Ziele kann auch politische Kompromisse zwischen den VN-Mitgliedsstaaten befördern. Das Ziel, gewaltsame Todesfälle pro 100.000 Einwohner zu reduzieren, ist ein Beispiel dafür. Durch solch ein auf internationaler Ebene gesetztes Ziel wird Vergleichbarkeit zwischen Staaten geschaffen, ohne die Souveränität einzelner Staaten zu verletzten. Zwar wären Regierungen nicht direkt „haftbar“ für die Zielerreichung, allerdings hätten Bürger und zivilgesellschaftliche Organisationen ein weiteres starkes Argument, um mehr Engagement von einzelnen Regierungen zu fordern.

Neue Allianzen

Deutschland sollte eine führende Rolle in dieser Diskussion übernehmen und sich für möglichst konkrete Ziele einsetzen. Ein 13-Punkte-Plan der Bundesregierung zur Post-2015-Agenda ist ein guter erster Schritt und enthält klare Ziele zur Förderung stabiler und friedlicher Gesellschaften. Nun geht es darum, Partner für die Verankerung dieser Ideen in der Post-2015-Agenda zu finden.

Als ein Land, das zivile Krisenprävention stets im Mund führt und gerade eine „neue Verantwortung“ in seiner Außenpolitik zeigen will, hat die deutsche Regierung mehr Glaubwürdigkeit gegenüber Entwicklungs- und Schwellenländern als die USA oder Frankreich. Mit der Initiative der g7+ Staaten, einer Gruppe von 18 fragilen Staaten, und der gemeinsamen Position der Afrikanischen Union bestehen bereits die Grundlagen für neue Allianzen.

Es ist nun an Deutschland, diese Staaten aktiv zu unterstützen und sich zu der Idee der Eigenverantwortlichkeit der Partnerländer sowie einer konfliktsensiblen Entwicklungszusammenarbeit zu bekennen. Die Debatte diese Woche in New York stellt eine gute Gelegenheit dafür dar.


Heiner Janus ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE).

Gerrit Kurtz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Global Public Policy Institute in Berlin.

Über den Autor

Janus, Heiner

Politikwissenschaft

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