Zu’ming to victory

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Sidiropoulos, Elizabeth
Die aktuelle Kolumne (2009)

Bonn: German Development Institute / Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE) (Die aktuelle Kolumne vom 27.04.2009)

Johannesburg, 27.04.2009. Der African National Congress (ANC) in Südafrika hat fast Zweidrittel der Stimmen gewonnen. Das könnte bei der nächsten Wahl anders aussehen: In der politischen Landschaft findet ein Umbruch statt. Südafrikas vierte demokratische Wahl dürfte einen Meilenstein für das Land bedeuten. Auf den ersten Blick hat der ANC mit 65,9 Prozent fast zwei Drittel der Stimmen für sich gewonnen. Bei genauerer Betrachtung erkennt man aber, dass sich längst neue Kräfte gebildet haben, die erst bei der nächsten Wahl 2014 voll entwickelt sein werden.

Ohne Zweifel: Diese gut organisierte, freie und gerechte Wahl, der Ansturm zu den Wahlen und die Stimmabgabe am vergangenen Mittwoch haben vielen Erfahrungen in der Region widersprochen. Der ANC hat einen klaren Sieg im Land errungen, knapp unterhalb der Zweidrittelmehrheit (65,9 Prozent). Damit liegt die Partei allerdings unter den 69,7 Prozent, die sie bei der Wahl 2004 erzielte – das gleiche Bild zeichnete sich in den Provinzen ab.

Das Westkap hat der ANC an die Democratic Alliance (DA) verloren, die hier eine überwiegende Mehrheit mit 51,5 Prozent der Stimmen gewann. In KwaZula-Natal, dem Geburtsort von Präsident Jacob Zuma, erzielte der ANC jedoch einen eindeutigen Sieg, zum ersten Mal seit 1994, und konnte damit wesentlich den Stimmenanteil der Inkatha Freedom Partei von Magosuthu Buthelezi schmälern. In den übrigen sieben Provinzen hat der ANC zwar über­zeugend gewonnen, aber mit knapperen Mehrheiten im Vergleich zu 2004.

Der Congress of the People (COPE), der letztes Jahr aus Teilen des ANC entstand, wurde als echte Konkurrenz zur ANC gesehen und hat sich verhältnismäßig gut geschlagen – wenn man bedenkt, dass die Partei gerade einmal vier Monate alt ist. Sie hat 7,42 Prozent der landesweiten Stimmen gewonnen und wird in fünf der neun Provinzen in der Opposition sitzen. COPE hat sich besser geschlagen als alle anderen Parteien, die nach 1994 gegründet wurden und hat die Oppositionsstimmen hauptsächlich um sich und die DA versammelt.

Die DA schaffte es, eine beachtliche Zahl an Wählern der sogenannten schwarzen Bezirke im Westkap für sich zu gewinnen, und auch die Ergebnisse in anderen Provinzen zu verbessern. Das gelang mit einer klaren Aussage, mit der sie sich vom ANC abgrenzte, und Regierungskompetenz, die sie erfolgreich im Großstadtgebiet von Kapstadt seit 2006 unter Beweis stellt. Der Erfolg der DA, ihr Wahlergebnis von 12 Prozent im Jahr 2004 auf knapp 16,66 Prozent bei dieser Wahl zu verbessern, liegt auch darin begründet, dass die Partei sich ernsthaft bemüht, ihr Image als liberale Partei der Weißen zu überwinden.

Für den ANC ist die Wahl und sein Bedeutungsverlust in vielen Provinzen ein Zeichen. Ein Zeichen, aufmerksamer und verantwortlicher gegenüber den Menschen zu handeln anstatt angesichts des bestehenden Rückhalts selbstzufrieden zu sein. Das Erstarken der Oppositionspartei COPE könnte zu einem veränderten Verantwortungsbewusstsein des ANC führen, da COPE verstärkt versuchen wird, in den Reihen des ANC neue Mitglieder anzuwerben.

Zuma wird als Präsident viele Herausforderungen zu bewältigen haben: Seine eigene Wählerschaft, die Armen, sind verärgert über die schlechten öffentlichen Dienstleistungen. Die Hälfte der südafrikanischen Bevölkerung lebt immer noch in Armut trotz eines erheblichen Fortschritts im Land seit 1994. Mehr als ein Viertel der Menschen ist arbeitslos, die Gewaltrate ist immer noch hoch, die Polizeimacht unkontrolliert und der gesellschaftliche Zusammenhalt mehr als schwach.

Wenngleich diese Wahlen einen Umbruch ankündigen mögen, so zeigt das Ergebnis doch, dass das Freiheitsideal des ANC und die Identifizierung mit der Partei immer noch die Menschen bei ihrer Wahlentscheidung beeinflusst. Zuma wird jetzt schnell unqualifizierte Angestellte des öffentlichen Dienstes durch kompetente Führungskräfte ersetzen und die noch offenen Stellen neu besetzen müssen. Er wird an einem anhaltenden internationalen Vertrauen in den Markt arbeiten müssen, gerade jetzt in Zeiten des globalen Abschwungs, und er wird das allgemeine Vertrauen in die staatlichen Institutionen wiederherstellen müssen.

Seine vielen unüberlegten Äußerungen in den letzten Jahren werfen Fragen über sein Urteilsvermögen und seinen Glauben an den Verfassungsstaat auf. Angesichts seiner konservativen Ansichten über Frauen und Sex, seinen Kommentaren zur Vormacht des Verfassungsgerichts der Satz, dass Afrikaner die "einzig wahren weißen Südafrikaner" seien, wird er viele davon überzeugen müssen, dass seine persönlichen Ansichten nicht die Staatsgeschäfte dominieren werden.

Angeschlagen ist auch die National Prosecuting Authority (NPA), die im April die Anklage wegen Korruption gegen Zuma aufgrund verfahrenstechnischer Unregelmäßigkeiten fallen ließ. Die Entscheidung zeigte, wie sehr die Integrität und Unabhängigkeit staatlicher Institutionen bedroht sind und durch Gruppierungen innerhalb des ANC für parteipolitische Zwecken instrumentalisiert werden.

Unter der Regierung von Ex-Präsident Thabo Mbeki zeichnete sich die Annäherung von Partei und Staat ab, im darauf folgenden Kampf um die Macht zwischen den zwei Männern schienen staatliche Institutionen für beide Seiten zum Freiwild zu werden. Gerade in diesem Zusammenhang ging die Sorge vor einer Zweidrittelmehrheit um, denn diese hätte dem ANC erlaubt hätte, im Alleingang die Verfassung zu ändern. In Wahrheit hat der ANC in der Vergangenheit seine Macht nie missbraucht, aber die Befürchtungen spiegeln einen Vertrauensverlust einiger Wähler gegenüber Zuma und seinem Urteilsvermögen wider. Gerade diesen Bereichen wird Zuma seine volle Beachtung schenken müssen, damit die institutionelle Unabhängigkeit und Demokratie gewahrt werden.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Mbeki weiß Zuma, dass man von ihm erwartet, an den nationalen Problemen zu arbeiten und weniger daran, internationale Krisen zu lösen. Das heißt allerdings nicht, dass er deswegen keine aktive Außenpolitik betreiben sollte. Sie sollte allerdings die Handschrift des Außenministers tragen, nicht die des Präsidenten. Sowohl die Resolutionen des ANC von der Konferenz 2007 als auch ihr Wahlprogramm bekräftigen einen außerpolitischen Ansatz, der die bisherige Linie fortsetzt.

Die Forderung nach einem fairen und menschlichen internationalen Handels- und Finanzsystem und einer gerechten Weltordnung" werden im Kern wohl auf der Agenda für Zumas Außenpolitik bestehen bleiben. Jedoch wirft der Wechsel im Präsidentenamt und in anderen Schlüsselministerien die Frage auf, ob Südafrika weiterhin verhältnismäßig viel Einfluss ausüben wird in der Debatte um eine weltumspannende Regierungspolitik (auch wenn der Dialog zugesichert ist). Mbekis Vermächtnis, was Südafrikas globales Engagement betrifft, wird vermutlich für die Zukunft übrig bleiben, aber eine Sache ist klar: Südafrikas Goldenes Zeitalter auf der internationalen Bühne hat seinen Höhepunkt unter seiner Präsidentschaft wohl erreicht. Unter den Bedingungen einer globalen Finanzkrise und einem mehr nach innen gewandten Präsidenten wird Südafrika mehr als ein "gewöhnliches" Land angesehen werden, seines heiligen Status' der späten Neunziger beraubt.

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