Forderung an G 8: wir brauchen ein "International Panel on Systemic Risks in the Global Economy"

Pressemitteilung vom 08.07.2009

Ein internationales Wissenschaftlerteam unter Federführung von DIE-Direktor Dirk Messner appelliert in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau am 08.07.2009 an die G 8-Gipfelteilnehmer im italienischen L'Aquila: Bauen Sie ein Krisenfrühwarnsystem auf, um globale Systemrisiken besser zu erkennen und zu vermeiden. Dieses "International Panel on Systemic Risks in the Global Economy" sollte wissenschaftliche Grundlagen zur Vermeidung der zentralen ökonomischen, sozialen, ökologischen und politischen Systemrisiken in der Weltwirtschaft des 21. Jahrhunderts erarbeiten.

Die aktuelle globale Rezession hat gezeigt, dass die Weltwirtschaft über kein funktionstüchtiges Frühwarnsystem verfügt. Die Gleichzeitigkeit von globaler Finanz- und Wirtschaftskrise, beschleunigtem Klimawandel und sich abzeichnenden Herausforderungen in der internationalen Energie- und Ernährungssicherungspolitik verdeutlichen zudem, dass die internationale Gemeinschaft im 21. Jahrhundert große Fortschritte im Management globaler Systemrisiken machen muss.

Das Panel sollte den vielen ökonomischen Weltberichten (z. B. der Weltbank, des IWF) keinen weiteren Zustandsbericht zur Weltwirtschaft hinzufügen. Es sollte vielmehr drei Fragenbündel beantworten:

  1. Aus welchen Dynamiken ergeben sich Systemrisiken für die Weltwirtschaft? Was sind weltwirtschaftliche Systemrisiken des 21. Jahrhunderts?
  2. Lassen sich fünf bis zehn zentrale Systemrisiken für die Weltwirtschaft und Kriterien für deren Auswahl (z. B. Signifikanz, Breitenwirksamkeit, Irreversibilität) benennen? Was kann getan werden, um diese Systemrisiken einzuhegen?
  3. Wie kann die Weltgemeinschaft Vorsorge treffen, um auf unvorhergesehene globale Systemrisiken reagieren zu lernen?

Die Lösung globaler Probleme kann nicht nur an Unwissenheit über komplexe Systemrisiken scheitern, sondern vor allem auch an kollektiven Handlungsblockaden, nationalen Interessen und Machtstrukturen im internationalen System. Politische Entscheidungsträger haben die Welt in den vergangenen dreihundert Jahren, seit dem Beginn der industriellen Revolution, vor allem durch ihre nationalstaatlichen Brillen beobachtet und interpretiert – und entsprechende Entscheidungen gefällt.

In der aktuellen Weltwirtschaftskrise wird erneut deutlich, wie dünn die Decke dieses globalen Zivilisationsprozesses noch ist: Wirtschaftsnationalismen und Protektionismus drohen weltweit wieder an Bedeutung zu gewinnen, internationale Investitionen in die Entwicklungszusammenarbeit könnten sinken.

Dieses Handlungsmuster ist im 21. Jahrhundert unter Bedingungen zunehmender globaler Interdependenz nicht mehr zukunftstauglich. Es würde selbst zu einem globalen Systemrisiko. Aus der Perspektive globaler Risikovorsorge ist offensichtlich, das Kooperation, Fairness, internationaler Interessenausgleich und Gerechtigkeit die Grundlagen für effektive Global Governance sein müssen. Das Panel sollte daher normative Maßstäbe für eine faire und stabile Globalisierung erarbeiten.

Eine englische Langfassung zur Einrichtung eines "International Panel on Systemic Risks in the Global Economy" erschien als Briefing Paper 6/2009.