Development Finance Institutions – Die dritte Säule der Entwicklungszusammenarbeit

Veranstaltungsart
Bonner Impulse

Ort/Datum
Bonn, 14.07.2010

Veranstalter

Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Europäischer Verband der Entwicklungsforschungs- und Ausbildungsinstitute (EADI) und der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V. (VENRO)


Die traditionelle, zwischenstaatliche Entwicklungshilfe gilt als erste Säule der Entwicklungszusammenarbeit. Die zweite Säule zeichnet sich durch subventionierte Kredite, etwa durch Entwicklungsbanken wie etwa der Weltbank, aus. Im Unterschied zu diesen beiden steht die dritte Säule der Entwicklungszusammenarbeit: Die Förderung der Privatwirtschaft durch Development Finance Institutions (DFIs). DFIs mobilisieren auf der Grundlage ihres öffentlichen Eigenkapitals Kapitalmarktmittel und finanzieren damit Unternehmen in Entwicklungsländern, die von kommerziellen Banken – welche sich vorrangig auf das hoch riskante Investment Banking in Industrieländern konzentrieren – kein langfristiges Kapital erhalten. Zu den DFIs zählen z. B. die Weltbank-Tochter International Finance Corporation (IFC) und die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG) mit Sitz in Köln. Unter der Moderation von Peter Wolff, Abteilungsleiter am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE), diskutierten MinR’n Susanne Dorasil vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Gudrun Timm von der DEG, Lars Koerner von der SolarWorld AG sowie Peter Lanzet vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) am 14.07.2010 die Rolle der Privatwirtschaft und die Finanzierung privater Unternehmen in Entwicklungsländern. 

Ziel der DEG, wie auch anderer Einrichtungen der Entwicklungszusammenarbeit sei es, Entwicklungsengpässe, etwa in den Bereichen Bildung oder Infrastruktur, zu beseitigen und, als wichtigstes Ziel, die Armut zu reduzieren, berichtet Gudrun Timm. Letzteres wird unter anderem daran gemessen, ob die Beschäftigung oder die Staatseinnahmen steigen. Die DEG versucht ihre Ziele durch projektbezogene Unterstützung des privaten Sektors zu erreichen, wobei jedes Projekt einzeln nach bestimmten Kriterien auf seine Rentabilität geprüft wird. Schließlich muss sich die DEG selbst refinanzieren, eine schwarze Null ist das minimale Ziel. Dennoch steht die DEG nicht mit Geschäftsbanken in Konkurrenz: Sie wird dort tätig, wo sowohl öffentlicher Sektor als auch private Geschäftsbanken nicht agieren und nimmt ein dem vergleichsweise hohes Risiko in Kauf. Um sich abzusichern, übernimmt die DEG jedoch nur bis zu 25 % einer Investition, es gilt weitere Geber zu mobilisieren. Neben diesen Prinzipien der Subsidiarität und der katalytischen Wirkung steht auch die wirtschaftliche als auch soziale oder ökologische Nachhaltigkeit als drittes Prinzip der DEG im Vordergrund. Auf dieser Basis sind bereits viele Projekte erfolgreich durchgeführt worden, etwa 2004/05 die Förderung des Mobilfunks in Afrika, das im Anschluss gewinnbringend verkauft wurde. Dieser „Exit“ stellt ein sehr wichtiges Kriterium des Projekterfolges dar. 

Dieses Geschäftsmodell wird vom BMZ, vertreten durch Susanne Dorasil, als ein Ansatz der Entwicklungszusammenarbeit angesehen und unterstützt. Die Unabhängigkeit der Entwicklungsländer werde durch die Förderung der Privatwirtschaft vorangetrieben. Dazu gehört, die Rahmenbedingungen in einem Entwicklungsland zu verbessern. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Entwicklung des Finanzsystems, so dass Privatfirmen leichter Kredite erhalten. Frau Dorasil betonte, dass es bei diesem Modell wichtig sei, die Additionalität einzuhalten: Die DEG sollte nur solche Projekte unterstützen, bei denen deutlich wird, dass sich nur durch ihre Unterstützung auch andere, private Geber an der Investition beteiligen. Natürlich ist dieser Effekt schwer messbar. Umso wichtiger ist es Standards einzuführen und immer wieder zu überprüfen, um die Arbeit der DFIs langfristig evaluieren zu können. 

Etwas kritischer sah Peter Lanzet als Vertreter der Zivilgesellschaft das Geschäftsmodell. Prinzipiell befürworte die Zivilgesellschaft eine nachhaltige Förderung der Privatwirtschaft. Als problematisch sieht er jedoch die Frage an, ob es wirklich um Entwicklungspolitik geht oder nicht nur um Mitnahmeeffekte auch der deutschen Privatwirtschaft. Die Kriterien zur Förderung von Entwicklungsländern sind ihm zu ungenau. Er befürchtet, dass die Armutsbekämpfung aus dem Fokus der DFI geraten ist. Es sei unabdingbar, dass Projektvorschläge von den Entwicklungsländern selbst kommen müssten. Zudem müssen sich die DFIs an Standards messen lassen, um eine Transparenz der Geschäftspraktiken zu ermöglichen. 

Als vierter Gesprächsteilnehmer präsentierte Lars Koerner die Probleme der Privatwirtschaft: SolarWorld erwirtschafte momentan 95 % seines Umsatzes in den Industriestaaten. Dies liege nicht am mangelnden Willen des Betriebes, wohl aber an der allgemeinen Ausschreibungspraxis. Das niedrigste Angebot werde trotz mangelnder Qualität der Produkte oft vorgezogen, so dass in Afrika vor allem Anbieter aus China Vorteile hätten. Zudem seien im Bereich der Solarenergie nicht nur die wirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen entscheidend, sondern auch der vom Staat vorgegebene Rahmen für die Förderung von Erneuerbaren Energien (EE). So könnten sich EE in den Entwicklungsländern durch Einspeisetarife für Strom aus erneuerbaren Energien und die Senkung von Subventionen für fossile Energien entsprechend durchsetzen. Genau hier wünscht sich Herr Koerner Unterstützung der DEG, die mit ihren Projekten die Finanzierung von Solaranlagen für Entwicklungsländer vorantreiben können. SolarWorld selber arbeitet ausschließlich mit lokalen Installationsfirmen zusammen und reicht seine Standards an diese weiter.


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Veranstaltungsinformation

Datum / Uhr
14.07.2010 / 18:00

Ort

Haus der Geschichte