Dürre-Risiko-Management

Dürrebekämpfung braucht mehr globalen politischen Schub

Dürrebekämpfung braucht mehr globalen politischen Schub

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Brüntrup, Michael
Die aktuelle Kolumne (2023)

Bonn: German Institute of Development and Sustainability (IDOS), Die aktuelle Kolumne vom 18.12.2023

Bonn, 18. Dezember 2023. Die laufende 28. UN-Klimakonferenz startete mit einem Paukenschlag: die Mitgliedsstaaten einigten sich auf die Schaffung eines Fonds für Verluste und Schäden, mit dem reichere Länder erstmals formal Verantwortung für ihre historischen Treibhausgas-Emissionen übernehmen, die ärmere Länder am stärksten treffen. Der Fonds zeigt, dass internationale Konventionen zwar umständlich sind, aber mit der Zeit durch messbare Ziele und die Unterstützung reicher Länder große Hebelwirkungen erzielen können.

Viele Mitgliedsstaaten, die meist gleichzeitig Mitglieder der oft „Wüstenkonvention“ genannten Konvention der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung in den von Dürre und/oder Wüstenbildung schwer betroffenen Ländern, insbesondere in Afrika (UNCCD), haben die Erfahrungen mit dem Fonds im Speziellen und mit der UN-Klimakonferenz im Allgemeinen genau im Blick, wenn sie in der Vorbereitung für die nächste UNCCD-Vertragsstaatenkonferenz im Dezember 2024 in Saudi-Arabien auf ein verbindliches Abkommen zur Dürrebekämpfung drängen.

Für viele Länder, insbesondere in den trockeneren Regionen der Erde und speziell in Afrika, ist Dürre ein großes Problem für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft. Global werden die in den letzten hundert Jahren durch Dürre verursachten Schäden auf mehrere hundert Milliarden USD geschätzt. Über 10 Millionen Menschen haben ihr Leben durch Dürre verloren, mehr als durch jede andere Art von Naturkatstrophe. 85 Prozent der von Dürre betroffenen Menschen lebten in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.

Mit dem Klimawandel verstärken sich Dürren in Bezug auf Häufigkeit, Länge, Intensität und regionale Ausbreitung, aber Dürren fanden und finden auch ohne Klimawandel statt, und lokale Land- und Wassernutzungsänderungen tragen ebenfalls erheblich zu zunehmenden Dürreproblemen bei. Ohne Gegenmaßnahmen könnten sich sowohl die weltweite Landfläche als auch die Bevölkerung, die mit extremen Dürren konfrontiert ist, von 3 Prozent im Zeitraum 1976-2005 auf 8 Prozent bis zum Ende des 21. Jahrhunderts erhöhen. Nicht zuletzt verstärken Dürren lokale und regionale Konflikte und Migration.

In der Vergangenheit wurde Dürren eher mit reaktiven Strategien begegnet, in ärmeren Ländern insbesondere mit Not- und Nahrungsmittelhilfe. Inzwischen setzt sich die Überzeugung durch, dass proaktives Dürre-Risiko-Management die Schäden wesentlich verringern kann und günstiger ist als reaktive Strategien. Für die USA wurde eine durchschnittliche Kosten-Nutzen-Relation von Präventionsmaßnahmen von 1:2 errechnet im Vergleich zu einer Situation ohne pro-aktives Dürremanagement, für andere Fälle auch deutlich mehr.

Zu einem proaktiven Dürre-Risiko-Management gehören drei Säulen: (1) Vorhersage und Monitoring, (2) Verletzlichkeitsanalysen zur Abschätzung möglicher Folgen und Identifizierung von prioritären Schutzbedarfen sowie (3) Maßnahmen zur Erhöhung der Resilienz. Zu Dürreresilienz-Maßnahmen zählen unter anderem Wassermanagement, Landschafts- und Bodenmanagement zur Regulierung und Rückhaltung von Wasser in der Fläche, Anpassungen in der Land- und Forstwirtschaft, soziale Sicherungsmaßnahmen, Dürreversicherungen, sektorale und räumliche Diversifizierung von wirtschaftlichen Aktivitäten, Diversifizierung von Nahrungsquellen und -handel sowie flexible Lagerhaltung.

Von einem verbindlichen Dürreabkommen erhoffen sich ärmere Länder Unterstützung bei den entscheidenden Weichenstellungen für mehr Dürre-Risiko-Management. Durch internationale Sichtbarmachung des Problems, globalen Druck auf nationale Regierungen und verbesserte internationale Finanzierungsmöglichkeiten soll nationale Dürrepolitik ambitionierter und proaktiver werden. Der erwähnte Fonds für Schäden und Verluste könnte dafür ein Instrument bieten. Allerdings wird er nur für durch den Klimawandel bedingte Dürren verwendet werden können. Außerdem ist seine Befüllung noch unklar, seine Nutzung für proaktives Dürre-Risiko-Management ist alles andere als gesichert, und erfahrungsgemäß werden gerade ländliche Gebiete und die kleinbäuerliche Landwirtschaft bei Klimaschutzmaßnahmen stark vernachlässigt. Es braucht also mehr eigenständige Anstrengungen zur Bekämpfung von Dürrerisiken.

Ob es zu einem verbindlichen globalen Dürreabkommen kommt, wird sich wohl auf der nächsten UNCCD-Vertragsstaatenkonferenz entscheiden. Eine zwischenstaatliche Arbeitsgruppe erarbeitet derzeit Optionen. Dazu gehören neben einem verbindlichen Dürreprotokoll und einer Veränderung der oft sehr weich formulierten Konvention auch der Beschluss eines globalen Arbeitsprogramms zur Dürrebekämpfung mit einer konzertierten Aktion der vielen internationalen Organisationen, die sich an einem umfassenden Dürre-Risiko-Management-Programm beteiligen müssten. Außerdem wird die Definition eines globalen Ziels wie dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens erwogen, sowie Optionen zur besseren Finanzierung und Herstellung größerer politischer Sichtbarkeit und Dringlichkeit. Bis Juni 2024 sollen diese Optionen ausgearbeitet und auf der Vertragsstaatenkonferenz verhandelt werden.

Sicher ist, dass die ärmeren und dürregeplagten Länder sichtbares und substantielles Engagement von reicheren Ländern erwarten, so wie sie dies für die Klimaziele bereits ausführlich formuliert haben. Wird diese Erwartung nicht erfüllt, könnte nicht nur die UNCCD Schaden nehmen, sondern auch andere Umweltkonventionen, die auf die kontinuierliche und konstruktive Zusammenarbeit aller Mitgliedsstaaten angewiesen sind.

Über den Autor

Brüntrup, Michael

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Brüntrup

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